Dienstag, 11. November 2014

Ein Plädoyer für ein Fach "Computerkunde"

Ich bin ein Freund von Informationstechnischer Grundbildung (ITG) in der Schule. Gemeint ist damit, bei aller Wertschätzung, nicht etwa das Fach Informatik. Es geht, wie der Name es schon sagt, um Grundbildung. Und zwar von computergestütztem Anwenderwissen, nicht um Programmierung.
Meiner Meinung nach braucht es zumindest in der einen oder anderen Jahrgangsstufe ein entsprechendes Fach, das den Schülerinnen und Schülern die grundlegenden Dinge beim Umgang mit Computer und Internet beibringt.

Andere Schulen versuchen dies (aus Kostengründen oder gar [fälschlich] pädagogisch begründet) auf die einzelnen Fächer zu verteilen.
Dies kann aus meiner Sicht keinesfalls funktionieren. Zwar würde mit viel Aufwand und Engagement (Einzelner) ein übergeordnetes Curriculum verfasst und in die bestehenden Fachcurricula eingebunden werden, vielleicht gäbe es sogar die ein oder andere Schulung für das Kollegium.

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass solche Dinge im Sande verlaufen.

Die Gründe sind vielfältig.
  • „Ich habe das in diesem Jahr einfach nicht mehr geschafft.“
  • „Ach, das war obligatorisch?“
  • „Ich mach das ja schon seit Jahren. Nur halt nicht mit dem Computer. Das geht ja auch.“
  • „Ich hab’s versucht. Aber der Computer/Beamer/USB-Stick/[hier irgendwas Technisches einsetzen] funktionierte nicht.“
  • „Ich hab’s nicht so mit Computern“*
Solcherlei Sätze gibt es in abgewandelter Form immer dann zu hören, wenn es um die Implementierung neuer Inhalte in bestehende Fachcurricula geht. Dabei müssen diese Inhalte gar nichts mit Computern zu tun haben. Sei es nun Alkohol- oder Rauchprävention, Verkehrserziehung, Methodenschulung, Gesundheitserziehung oder ökonomische Bildung.
Obschon diese Themen in den Fachcurricula stehen, erarbeitet sich nur ein (kleiner) Teil der Schülerschaft tatsächlich entsprechendes Wissen fächerverbindend im Unterricht. Ich kenne kaum Schulen, die von sich sagen können, dass sie auf diesem Weg zum Ziel gekommen sind. Erst recht nicht bei der IT-Bildung.

Das heißt nicht, dass ich der Meinung bin, digitale Medien gehörten nicht in den Biologie-, Französich, oder Erdkundeunterricht. Ganz im Gegenteil!

Aber eben nicht als Ersatz für den ITG!

Ja, mehr noch: Wenn das Fach ITG die Grundlagen legen würde, dann könnte der Musiklehrer die digitalen Medien wie selbstverständlich nutzen, um sein Fachwissen zu vermitteln. Wären diese Grundlagen nicht da, würde er Stunden damit verbringen über technische Handhabung zu sprechen. Die Schüler müssten alles erst entdecken und das Fachliche (nämlich die Musik) würde entweder zur Nebensache verkommen oder es würde am Ende doch nicht digital gearbeitet werden, da dieses Procedere zu viel Zeit kostete.

Somit kann ein vorgeschalteter ITG alle Fächer entlasten, die (zum Teil berechtigte) Skepsis des Kollegiums gegenüber digitalen Medien im Unterricht abbauen und somit den Schülerinnen und Schülern schullaufbahnbegleitend moderne Arbeitsweisen ermöglichen.

Wenn also ein ITG vorbereitend stattfindet, kann es durchaus sinnvoll sein, die oben beschriebenen Sitzungen der einzelnen Fachgruppen abzuhalten und zu überlegen, wie man digitale Medien in den jeweiligen Unterricht bringt. Und von mir aus kann das dann auch gerne in die Fachcurricula eingetragen werden. Aber bitte mit dem Hinweis auf Freiwilligkeit. Alles andere wäre blauäugig (s.o.).
So wäre es eine ausgezeichnete Fortführung, Vertiefung und Anwendung des Stoffes aus dem ITG, kein Ersatz.

Auf einem der letzten Educamps hatte ich einen entsprechenden Vortrag im Gepäck. Die Präsentation füge ich hier einfach mal ein.

Welche Inhalte könnten nun in solch einem Fach Informationstechnische Grundbildung unterrichtet werden?
Hier ein paar Vorschläge (relativ unsortiert und gerne erweiterbar):

  • Räumlichkeiten (Informatikräume)
  • Netzwerkstruktur der Schule
  • Anmeldeprocedere
  • Allgemeine Computerkunde (Programme, Drag&Drop, Browser, Taskleiste, Speichern, Suchen etc.)
  • 10-Finger-Schreiben (incl. Überprüfung & Zertifizierung)
  • OpenOffice Writer
    • ggf. Cloud-Lösungen (GoogleDocs, Etherpads)
      • Kollaborieren – Teil 1
  • OpenOffice Impress
    • technische Kompetenzen
    • Gestaltungsregeln
    • Vortragskompetenz
    • ggf. Cloud-Lösungen
      • Kollaborieren – Teil 2
  • OpenOffice Calc
    • ggf. Cloud-Lösungen
  • Podcasten
  • Mit Foren arbeiten
  • Mit Wikis arbeiten
  • QR-Codes und URL-Shortener
  • Urheberrecht
    • CC-Lizenzen
    • Plagiate vermeiden
  • Suchmaschinen
    • Suchstrategien
    • Suchergebnisse bewerten
    • Algorithmenkompetenz
    • Wikipediaartikel bewerten
  • Filterblasen  und Echokammern
  • Sichere Passwörter
  • Viren, Würmer & Trojaner
  • E-Mail, Spam & Fishingmails
  • Chat(bekanntschaften)
  • Umgang mit Whatsapp/Facebook
  • Recht am Bild
  • Mobbing
  • Datenschutz/Überwachung
  • Medienabhängigkeit
  • Gewaltdarstellung in Medien
  • OPAC
Fehlt etwas in der Liste? Bitte gerne ergänzen!


*Diese Aussage „Ich hab’s nicht so mit Computern“ ist seltener geworden. Der durchschnittliche Lehrer verfügt (im Vergleich mit dem Durchschnittsbürger) über eine relativ hohe Kompetenz beim Umgang mit Computern, wie die aktuelle Studie der BITCOM und Aris zeigt.
Er lässt nur leider selten seine Schüler an entsprechende Geräte.

Mittwoch, 24. September 2014

#DigitalLearner - Hintergedanken zu einer neuen AG


... so sieht die Werbung für meine neue AG aus
wer es nicht sehen kann möge diesen Link probieren:  https://infogr.am/digitallearner-68?src=web
... und das sind meine Hintergedanken dabei:

Meine guten Erfahrungen mit dem Einsatz (schülereigener) digitaler Endgeräte scheinen in keinem Verhältnis zum Verlangen der Schüler zu stehen, diese von sich aus einzusetzen.
Auch in diesem neuen Schuljahr habe ich vor allem in verwunderte Gesichter geblickt, wenn ich einer Klasse eröffnete, dass sie in meinem Unterricht auch einen digitalen Ordner führen dürften, sich für die digitale Form des eingeführten Lehrwerks entscheiden könnten und überhaupt gerne ihre eigenen Geräte mitbringen sollten.
Soweit ich das einschätzen kann, liegt das an der fehlenden digitalen "Arbeits-Tradition" in der Schule. Die Schüler sind es einfach nicht gewohnt, regelmäßig Technik auch in der Schule einzusetzen. Infolgedessen fehlt ihnen in diesem Bereich die Erfahrung - viele wissen nicht, welche gewinnbringenden, motivierenden und effizienten Lern- und Arbeitsweisen mit Computern aller Art möglich sind.

In meiner medienberatenden Tätigkeit versuche ich die Kollegen für den Computereinsatz im Unterricht zu begeistern und über Stolpersteine zu informieren. Das wird auch in Zukunft so weiterlaufen. Allerdings möchte ich nun zusätzlich ein "Graswurzelprojekt" starten, damit der Geräteeinsatz nicht nur "von oben", also von den Lehrern eingeplant wird, sondern auch "von unten", von der Schülerschaft aus in den Unterricht hineinwächst.

Wenn Schüler Erfahrungen mit Apps, Programmen und Online-Diensten, die für das Lernen eingesetzt werden können, gesammelt haben, werden sie, so meine Hoffnung, diesen Technikeinsatz auch stärker im Unterricht einfordern vorschlagen. Meiner Erfahrung nach reagieren viele Kollegen positiv, wenn Schüler darum bitten, mit ihrer Arbeitsgruppe lieber einen Podcast statt des geforderten Plakats zu erstellen. Zumindest, wenn sie glaubhaft versichern können, dass sie den Umgang mit Gerät und Programm beherrschen.

So können sich Lehrer und Mitschüler etwas abschauen und die Einsatzmöglichkeiten werden bekannt gemacht.

Das angesprochene "Graswurzelprojekt" ist eine neue AG, die den leider etwas englisch geratenen Titel #DigitalLearner trägt.
Hier sollen die interessierten Schüler das machen, was man bei Educamps unter "Eduhack" versteht. Apps, Programme oder Dienste werden erprobt und für Bildungseinsätze umgenutzt, obwohl sie gar nicht dafür vorgesehen waren. Aber natürlich dürfen auch klassische "Lernapps" ausprobiert werden.

Daraus ergeben sich zwei Schwerpunkte:
  1. Entwicklung einer eigenen technikgestützten Lern- und Arbeitsweise im Sinne einer papierlosen Schultasche
  2. Erprobung von technikgestützten Alternativen zu analogen Methoden im Unterricht

In beiden Fällen gilt: wenn etwas erprobt und für gut befunden wird, wird auch darüber berichtet. Dafür wird ein eigenes Blog eingerichtet, das die AG-Teilnehmer mit eigenen Texten, Filmen und Tonbeiträgen füllen. So können die Erfahrungen an die Schülerschaft und das Kollegium (nicht nur unserer Schule) weitergegeben werden.
Da hier der Weg über die Öffentlichkeit gewählt wird, werden Grundlagen des Urheberrechts und die Verwendung freier und offener Lizenzen ein weiterer Bestandteil der AG sein.

Freitag, 11. April 2014

Smartphones im Unterricht - ein Interview

Neulich wurde ich von Christoph Ehlers, Bachelorstudent aus Hannover, angeschrieben. Er bat um eine kurze Beantwortung von sechs Fragen zum Thema Smartphones im Unterricht, für seine Bachelorarbeit.
Da es mir schwer fällt, mich kurz zu fassen, ohne oberflächlich zu sein, habe ich etwas mehr Zeit in die Beantwortung gesteckt. Somit lohnt es sich nun, daraus einen Blogpost zu machen.

Hier also das Interview:


1. Wie verbreitet sind Ihrer Meinung nach Smartphones in der Schule? Also wie viele Schüler besitzen schon ihr eigenes Smartphone?

Wie stark Smartphones durchschnittlich bei Schülern verbreitet sind, kann man an der aktuellen JIM-Studie ablesen. Ich habe den sehr subjektiven Eindruck, dass das an unserer Schule nicht wesentlich anders ist. Die Versorgung mit Smartphones nimmt mit zunehmendem Alter der Schüler zu. Aber auch einige unserer Fünftklässler besitzen bereits Entsprechendes. Kollege André Spang aus Köln hat eine Zeit lang seine Klassen entsprechend befragt und bei manchen nahezu von einer Vollversorgung berichtet.


2. Wie wirkt sich der Einsatz von Smartphones auf die Motivation der Schüler aus?

Unterschiedlich. Noch kann man bei den meisten Schülern Begeisterung wecken, wenn man die Benutzung im Unterricht zulässt. Dies liegt daran, dass es für die meisten eine neue  Erfahrung ist und weil sie mit ihrem Gerät Positives verbinden. Mit zunehmender Professionalisierung wird das Smartphone eher zu einem unspektakulären aber nützlichen Werkzeug.


3. Wie hoch schätzen Sie die Gefahr ein, dass Schülerinnen und Schüler das Handy während des Unterrichts zu nichtschulischen Zwecken nutzen? (Also Facebook, Whatsapp etc.)

Gering. Die Gefahr, dass sie Zettelchen schreiben oder Käsekästchen spielen halte ich für größer. Aber selbstverständlich passiert das auch bei mir. Und ich gehe davon aus, dass ich dies meistens nicht mitbekomme. Allerdings verhindern klare Regeln und empfindliche Strafen das Ausufern dieser Art von Unterrichtsstörung. Wobei man hier auch die Grenzen des rechtlich Erlaubten bedenken muss. Ein Einziehen und Aufbewahren des Handys ist nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt und kann selbst dann für den Lehrer erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Bei der Öffnung des Unterrichts in Richtung Internet kommt es unweigerlich ein Stück weit zu einem Kontrollverlust des Lehrers, der sicherlich von Kollegen ganz unterschiedlich belastend wahrgenommen wird. Wie weit man dies zulässt hängt nicht zuletzt auch mit dem Vertrauen zusammen das man seiner Klasse bzw. den einzelnen Schülern entgegenbringt. Ich selbst habe überwiegend positive Erfahrungen sammeln können.


4. Wie gehen Sie vor, wenn manche Schülerinnen oder Schüler noch kein eigenes Smartphone besitzen, Sie aber gerne damit unterrichten würden?


Hier bieten sich verschiedene Möglichkeiten an:
  • Partnerarbeit von Smartphone- und Nicht-Smartphone-Schülern (wegen des kleinen Bildschirms vor allem für gemeinsamen Film- oder Hörbeitragkonsum geeignet oder zur gemeinsamen Erstellung von Arbeitsergebnissen - z. B. Dokumentation eines Versuchsaufbaus)
  • Arbeitsteilige Gruppenarbeit mit Internetquellen für Smartphone-Schüler und Print-Quellen für Nicht-Smartphone-Schüler (wird allerdings zuweilen als ungerecht empfunden und ist deshalb mit Vorsicht zu genießen)
  • Gruppenarbeit mit Nutzung eines Gerätes zur Erstellung des Gruppenarbeitsergebnisses (z. B. gemeinsame Podcast- oder Filmproduktion)
  • Ergänzung der Schülergeräte durch schuleigene Laptops/Tablets (soweit vorhanden) für die Nicht-Smartphone-Schüler.
  • Verzicht auf den Einsatz der Smartphones.

5. Wie hoch schätzen Sie die Risiken ein, dass Schülerinnen und Schüler durch die Nutzung ihrer Smartphones im Unterricht in Kostenfallen geraten, Seiten mit unkontrollierbaren Inhalten öffnen oder den Datenschutz verletzen?

Die Gefahr in eine Kostenfalle zu geraten - z. B. durch in-App-Käufe besteht immer. Ob nun das schülereigene Gerät im Unterricht oder privat genutzt wird. Hier sollte ein schulisches Medienkonzept, das den Schülern (auch) die Gefahren des Digitalen verdeutlicht, eine Sensibilisierung hervorrufen, die die Schüler befähigt diese Kostenfallen zu erkennen und zu umgehen.

Sollten die Kosten gemeint sein, die entstehen, wenn ein Schüler über sein Mobilfunknetz ins Internet geht, um sich die Lehrfilme anzusehen und am Wiki mitzuarbeiten, so ist zu sagen, dass ein schulisches WLAN diese Kosten (für die Schüler) gänzlich verhindern kann. Sollte es kein solches Netz geben, ist zumindest von einer internetgestützten Smartphonenutzung eher abzusehen.

Die Gefahr der Datenschutzverletzung sehe ich aber tatsächlich. Inwieweit sich Kollegen Gedanken darüber machen, dass viele Nutzungsmöglichkeiten des Internets, sei es bei der Publizierung von Podcasts, Videos, Wikibeiträgen oder von Fotos, die Übertragung personenbezogener Daten mit sich bringen, ist mir nicht bekannt. Meiner Erfahrung nach sind Schüler - vor allem in der Oberstufe - in dieser Hinsicht in hohem Maße sensibilisiert. Sie vermeiden die Nutzung von Klarnamen und fordern dies auch ein. Ferner werden ¨Veröffentlichungen¨, die passwortgeschützt und somit nur der Klasse oder dem Kurs zugänglich sind, deutlich präferiert. Diese Sensibilität mag jedoch eine Kompetenz sein, die erst im Laufe der Jahre entwickelt wird und bei jüngeren Klassen so nicht zu erwarten ist.

Die weitaus größte Gefahr wurde jedoch noch nicht angesprochen. Ich sehe die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen als bedeutend an. Jede nicht selbst komponierte Musik, die unter ein Podcast gelegt wurde, jedes Bild, das in ein Wiki oder einen Schülerfilm eingebaut wurde und jede Textpassage, die nicht richtig zitiert, in einem öffentlich zugänglichen Google-Dokument oder Schüler-Blog zu finden ist, birgt die Gefahr einer viele hundert Euro teuren Abmahnung durch Anwälte, die damit ihren Lebensunterhalt bestreiten. Ich gehe davon aus, dass kaum ein Kollege und erst recht kaum ein Schüler alle Fallstricke des Urheberrechts kennt. Hier gilt es, Kollegen wie Schüler über Möglichkeiten und Grenzen zu informieren, damit die Angst vor Abmahnungen nicht dazu führt, dass eine kreative Teilhabe der Schüler am politischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Austausch auf digitalem Weg unterbleibt.


6. Wie hoch schätzen Sie die Störanfälligkeit bzw. die Fehleranfälligkeit von Smartphones im Unterricht ein?

Bei Smartphones kann der Akku leer sein, die WLAN-Verbindung kann unterbrochen werden, ein Virus kann das Gerät befallen, es kann auf dem Fußboden zerschellen und und und...

Natürlich macht man sich ein Stück weit Abhängig von der Technik.

Hier helfen zwei Dinge:
  • Didaktische Alternativen (¨Tja, wenn das WLAN nicht funktioniert bleibt uns nichts anderes übrig, als ¨normalen¨ Unterricht zu machen, also: Bücher raus und Stift gespitzt!¨)
  • Erfahrung im Umgang mit mobiler Technik (um die ein oder andere Panne schnell beheben zu können)

Wie man bei der Antwort auf Frage 4 sieht, ist es in vielen Unterrichtsszenarien gar nicht nötig, dass jeder Schüler ein (funktionierendes) Gerät besitzt. Also ist es auch nicht schlimm, wenn mal eins ausfällt.


7. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um mit Schülerinnen und Schülern  einen Unterricht mit Smartphoneeinbindung durchzuführen? Welche Vereinbarungen müssen mit Ihnen getroffen werden?

Vereinbarung: Schüler dürfen ihre Handys im Unterricht nur nach Absprache und dann auch nur unterrichtsbezogen einsetzen.

Voraussetzungen gibt es keine. Sobald ein Smartphone vorhanden ist,  könnte man es einsetzen. Es gibt jedoch förderlich Bedingungen, die die Einsatzmöglichkeiten erheblich erweitern:
  • Möglichst viele schülereigene Geräte
  • Stabiles Schul-WLAN
  • Schuleigene Geräte zum Ergänzen

8. Was muss außerdem noch bei der Einbindung von Smartphones in den Unterricht beachtet werden?

Wer ein Unterrichtsmittel einsetzt, sollte dies zumindest vorher erproben. Das gilt natürlich auch für Smartphones. Ansonsten macht man erst im Unterricht die Erfahrung, dass das, was man daheim auf seinen zwei Breitbildmonitoren geplant hat, auf dem kleinen Display eines Smartphones nicht sinnvoll umzusetzen ist.

Ferner muss man bei den unterschiedlichen Geräten der Schüler immer damit rechnen, dass mal eine App für ein Betriebssystem (vor allem für das der Firma Microsoft) nicht erhältlich ist.

Letztlich gilt es die Kritikpunkte an BYOD-Konzepten ernst zu nehmen. Das Betrifft vor allem die Bedenken, Nicht-Smartphone-Schüler könnten benachteiligt werden und Kinder weniger verdienenden Eltern würden finanziell erheblich belastet werden. Hier gibt es Gegenmaßnahmen,  auf didaktischer, wie auch auf schulkonzeptioneller Ebene.


Ich danke Christoph Ehlers für die Erlaubnis der Veröffentlichung der Fragen und wünsche viel Erfolg bei der Bachelorarbeit.

Zum Weiterlesen hier noch zwei Empfehlungen:

Montag, 10. März 2014

Wie bekommt man Lehrer dazu, OER zu erstellen?

Vorweg:

Beim OERcamp in Köln am 21.09.2013 habe ich eine Session angeboten, die sich aus vergangenen Diskussionen um die bisher deutlich begrenzte Bekanntheit freier Bildungsmaterialien in deutschen Schulen und dem damit verbundenen bescheidenen Output an OER ergab. Meine Vorstellung, man könne mit guten Infobroschüren, -plakaten und -filmchen über OER dieses Thema in Schulen bekannt machen, muss als naiv betrachtet werden. Ich musste mir diese falsche Vorstellung eingestehen. In meiner Session (und nun auch in diesem Blogbeitrag) soll(te) dargestellt werden, warum OER (noch) kein Thema für die meisten Schulen ist. Aber auch, wie man das ändert!

Was sind die typischen Hinderungsgründe eines Lehrers bei der Erstellung und welche Lösungsansätze gibt es, OER dennoch in die und aus der Schule zu bekommen?

In meinem Blogbeitrag vom 10. Juli 2013 habe ich bereits aufgezeigt, welche Hinderungsgründe mich, als bekennenden Digitaldidaktiker, in meiner OER-Produktion bremsen. Diese Erkenntnisse sind jedoch keinesfalls auf alle Lehrer zu übertragen. Anderen Lehrern sehen vor allem in der Technik, dessen Einsatz zur Produktion und Nutzung von OER im Unterricht z. T. vonnöten ist, eine Hürde.


CC-BY-SA von Roger und Renate Rössing/ Deutsche Fotothek
Quellen und Lizenztext siehe unten.

 1. Hinderungsgründe

  • Analoge Vorbereitung: Eine nicht unerhebliche Anzahl an Kollegen arbeitet bei der Erstellung ihrer Arbeitsblätter nicht nur deshalb noch mit Schere und Klebe, weil es so schnell und unkompliziert geht, sondern, weil sie keine digitalen Arbeitsblätter erstellen können. Texterkennungsprogramme können nicht bedient werden und Texte einzutippen dauert verhältnismäßig lange, wenn man nicht wirklich flüssig tippen kann. Diagramme herzustellen, eigene Zeichnungen einzuscannen ect. all das dauert aufgrund der fehlenden Übung entweder zu lange, oder es fehlt schlicht das nötige Wissen hierzu. Von der Erstellung von Hörbeiträgen, Lehrfilmchen und interaktivem Arbeitsmaterial ganz zu schweigen.

CC-BY-NC-ND 2.0 von Iñaki Pérez Aguado
Quelle und Lizenztext siehe unten.

  • Analoger Unterricht: Wer nicht digital arbeiten lässt, hat wenig Grund OER zu nutzen bzw. zu produzieren. Lehrwerke liegen vor und sind z. T. langjährig erprobt. Arbeitsblätter von Verlagen gibt es reichlich. Sie dürfen analog ohne Probleme eingesetzt werden (digital zwar kaum aber dieses Problem haben Analoglehrer ja nicht). Dabei sind die Gründe, unplugged zu arbeiten keinesfalls immer in fehlender Medienkompetenz zu suchen. Manche Kollegen sind wahre Meister darin, Arbeitsblätter mit Officeprogrammen zu erstellen. Sie lassen jedoch selten bis nie Schüler mit digitalen Endgeräten arbeiten. Die Gründe sind vielfältig und reichen von ökologischen Bedenken über pädagogische Zweifel bis zur Angst vor Kontrollverlust (an dieser Stelle verweise ich, wie schon in einem vorigen Blogbeitrag, auf Beat Doebeli Honeggers Argumentesammlung). Wenn alle digitalen Verbreitungswege ausfallen, da sie nicht im Unterricht eingesetzt werden, würden sich OER im Wesentlichen auf Arbeitsblätter beschränken, die wiederum die Kopierkosten in die Höhe treiben und die Möglichkeiten, die freie Bildungsmaterialien bieten, nicht im Ansatz ausschöpfen. Ein Lehrer, der seit Jahren mit einem guten Schulbuch arbeitet, wird zurecht darauf hinweisen, dass ein frei lizensiertes Arbeitsblatt mit Aufgaben und Erklärungen unnötig ist, da dies auch das besagte Buch bietet. 
  • Angst vor kollegialer Schelte: Jens Best wies in der Diskussion zur Session darauf hin, dass kollegialer Austausch von Materialien häufig auch mit der Angst verbunden ist, dass man statt eines Dankes oder anderer Materialien, sein eigenes Arbeitsmittel korrigiert zurückbekommt. Nach dem Motto: "DAS bringst du seit 10 Jahren deinen Schülern bei? Kein Wunder, dass die nichts können." Ursache ist meiner Meinung nach die jahrelange unterrichtliche Isolation von Lehrern. Aufgrund fehlender Feedback- und Evaluationstraditionen in weiten Teilen der Schullandschaft, verlernt man kollegiale Kooperation und Kritikfähigkeit am eigenen Unterricht.

2. Lösungsstrategien:

Kompetenz
Ein in technischen Dingen unerfahrener Kollege wird wenig Sinn in OER sehen.
Ehe OER in einer Schule im großen Umfang produziert werden können, muss deshalb zunächst die Medienkompetenz der Kollegen gestärkt werden.
OER sind mehr als nur Arbeitsblätter. Deshalb muss sich die Medienkompetenzschulung auch auf die Erstellung von Screen- und Podcasts beziehen sowie netzbasierte Dienste oder Apps und Programme vorstellen. Ferner sind digitale Verbreitungs- und Veröffentlichungswege, ob nun öffentlich oder auf dem Schulserver z. B. mit einem Lernmanagementsystem, erstmal kennenzulernen, denn was nützt eine digitale, interaktive, frei lizensierte OER, wenn man sie nicht zu den Schülern bekommt?

Einfache Technik
in meinem Beitrag vom 02.10.13 habe ich über Jöran Muuß-Merholz Aussage zum Wunsch der Lehrer nach funktionierender Technik berichtet. Neben der Kompetenzförderung ist die Schaffung verlässlicher Systeme ein Ansatz zur Förderung des Technikeinsatzes und indirekt zur Förderung von OER.

Nachhaltigkeit
OER sind immer dann nachhaltig und sinnvoll, wenn sie Inhalte behandeln, die sich auf absehbare Zeit nicht ändern werden. Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften sind hier deutlich im Vorteil. Politik und Erdkunde hingegen sind zum Teil auf aktuelle Daten angewiesen. Wer hier viel Arbeit in OER steckt, die nach zwei Jahren bereits wieder veraltet sind, hat den falschen Ansatz gewählt. Also lieber Material zu Vulkanismus anstatt zur aktuellen Handelsbilanz Südasiens entwerfen. 

Public domain (Wikimedia Commons/USGS)

Zwar steckt gerade in OER die Möglichkeit zur Kollaboration, zur gemeinsamen, schnellen und unkomplizierten Erarbeitung und Aktualisierung von Unterrichtsmaterialien, die einem gewissen Aktualitätszwang unterliegen, dies ist jedoch erst möglich, wenn Lehrer ein persönliches Netzwerk zum Austausch und zur Kollaboration aufgebaut haben.
Ein weiter Bereich, der alle Fächer betrifft und relativ stabile Inhalte aufweist, ist der, der Methodik. Wenn eine Schule beschließt, ein verbindliches Methodencurrikulum zu vereinbaren, wäre dies ein ausgezeichneter Ansatzpunkt für OER, da die Inhalte lange Gültigkeit aufweisen. Außerdem sind sie rechtlich sauber (nicht nur) im Kollegium zu verbreiten.

Mehrwert
Es gilt ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, Mehrwert zu schaffen. Eräuternde Filme, Animationen und auch Audiobeiträge, die entweder digital zur Verfügung gestellt oder per QR-Code in ein Arbeitsblatt eingebunden werden, ermöglichen Differenzierung. Aufgaben mit spielerischem Charakter (Learning Apps, Quizzlet etc.) lockern auf und motivieren. Diese Vielfalt bietet kein Lehrbuch. Wird dieser Mehrwert verdeutlicht, erhöht sich die Bereitschaft zur eigenen Produktion von OER.

3. Erkenntnisse

Meine To-Do-Liste für die nächsten Jahre, zur Vorbereitung der Verbreitung von OER an der Schule sieht somit wie folgt aus:
  • Fördere die Medienkompetenz der Kollegen.
  • Beginne mit der OER-Förderung bei Unterrichtsinhalten, die langfristig bestehen.
  • Präferiere Mehrwert-erzeugende Formate (Spiele, Quizzes, Audio-, Video- und Slidecasts)
  • Beziehe die (fehlende) Verfügbarkeit digitaler Endgeräte in die Förderempfehlungen ein.
  • Nimm grundsätzliche Bedenken gegen den Einsatz von Technik im Unterricht ernst, diskutiere und offeriere Lösungswege.
  • Fördere Projekte zur kollegialen Rückmeldung um Ängste ab-, und kollegiale Kooperationskompetenz aufzubauen.
Bildnachweise:
Bild mit Hürdenläuferinnen:
Urheber: Roger und Renate Rössing
Originalquelle: Deutsche Fotothek - http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/88897769
Lizenz: CC-BY-SA 3.0

Bild mit Schere und Klebe:
Urheber: Iñaki Pérez Aguado
Lizenz: CC-BY-NC-ND 2.0
Lizenztext: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/legalcode

Bild mit Vulkan:
Public domain (Wikimedia Commons/USGS)

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