Mittwoch, 10. Juli 2013

Hinderungsgründe bei der Erstellung von Open Educational Resources

Remix des Logos von Jonathas Mello CC BY 3.0 - 
Quelle und Lizenztext siehe unten. 
Ich bin ein Freund von Open Educational Resources. Das bin ich wirklich. Und doch muss ich immer wieder auf die Frage, wo man denn meine gesammelten Werke, meinen Beitrag zur offenen Bildungsmaterialrevolution finden kann, ausweichend und kleinlaut antworten, dass da so ganz viel noch nicht zustande gekommen ist.
Nun bin ich einmal in mich gegangen, um die Ursachen für dieses Missverhältnis zu verstehen.


Heraus kamen folgende vier Gründe, die mir das Erstellen von OER erschweren:


1. Schutz geistigen Eigentums
Selbstverständlich habe ich unglaublich viele Arbeitsblätter, Präsentationen und Tafelbilder am Computer erstellt. Ich habe jedoch in den letzten Jahren, so wie die meisten meiner Kollegen, mit Schulbüchern gearbeitet. Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung haben die Verlage ein regelrechtes Ökosystem um ihre Schulbücher generiert. Man bekommt Online-Ergänzungen, digitale Schulbücher, Zusatzprogramme etc. Im besten Fall sind diese fein aufeinander abgestimmt. Dementsprechend sind meine eigenen Materialien häufig auf die Schulbücher bezogen oder (seit einigen Wochen darf man das ja) sogar mit Abbildungen aus den Verlagsmaterialien versehen. Und hier hakt es natürlich. Erstens macht es nur bedingt Sinn, ein Arbeitsblatt zu veröffentlichen, das sich auf Texte und Diagramme aus einem ganz konkreten Schulbuch bezieht (ein Beispiel, wo ich es doch gemacht habe, findet sich hier), zweitens darf ich natürlich nichts verbreiten, was urheberrechtlich geschützte Inhalte aufweist. Meine bisherige ¨verlagsorientierte¨ Arbeitsweise (die bis vor kurzem auch tadellos funktionierte) erschwert somit die Veröffentlichung meines umfangreichen Datenbestands. Um sich davon zu lösen müsste ich jede Unterrichtseinheit neu konzipieren und mit neuen, offenen oder ganz und gar selbst gestalteten Materialien versehen. Eine Mammutaufgabe, die hemmt und besonders bei dem Unterricht, der ganz besonders gut lief, nicht wirklich einzusehen ist.

2. Originalquellenorientierung
Ich habe mir sagen lassen, in vielen Fächern sei es nicht angemessen, selbst Verfasstes einzubringen. Zumindest nicht in der Sek II. Dort nehme die Originalquellenanalyse einen bedeutenden Platz ein, hieß es. Besonders die Auswertung historischer Dokumente im Geschichtsunterricht dürfe keinesfalls ersetzt werden, durch einen didaktisierten, selbst verfassten Text. Nun bin ich kein Historiker aber der Argumentation kann ich ein Stück weit folgen. Vermutlich macht es auch keinen Sinn im Deutschunterricht lediglich selbst verfasste Lyrik zu lesen oder in Musik ausschließlich eigene Stücke zu analysieren. Und auch in Erdkunde macht eine Gegenüberstellung von Texten von Greenpeace und Shell mehr Sinn, als eine von mir geschriebene Zusammenfassung. In Mathematik mag dies weniger eine Rolle spielen und auch in der Sek I sehe ich mehr Möglichkeiten.

3. Moodle der Verführer
Mit Moodle (und natürlich auch mit allen anderen Lernmanagementsystemen) ist es mir möglich neben OER auch sämtliches frei zugängliches Material einzusetzen, das nicht CC-lizensiert ist. Jedes Material im Internet, das nicht durch eine Passwortsperre geschützt ist, kann per Link eingebunden werden. Homepages, pdf-Dateien, Filme, eBooks, Hörbeiträge... alles was das Herz begehrt. Solange ich diese Quellen nicht einbette, sondern lediglich darauf verlinke, ohne ein Vorschaubild zu verwenden, ist es völlig egal, unter welcher Lizenz das Material veröffentlicht wurde. Da es unter diesen Voraussetzungen so unglaublich viele Materialien im Internet gibt, die ich einsetzen kann, besteht für mich nicht oft die Notwendigkeit, eigenes Material zu entwerfen.

4. Fehlende Ausstattung
OER machen vor allem in Kombination mit digitalen Endgeräten Sinn. Klar kann man zumindest Arbeitsblätter auch kopieren und austeilen, das treibt jedoch meine Kopierkosten in die Höhe. Solange noch nicht alle Schüler mit einem eigenen Gerät ausgestattet sind bzw. ich noch keine schuleigenen, mobilen Geräte zur Verfügung habe, muss ich Kompromisse eingehen beim Einsatz im Unterricht. Wenn ich einen Kurs vor mir habe, der nur zu 2/3 mit eigenen Geräten versorgt ist, überlege ich es mir gut, ob ich  ein digitales Arbeitsblatt entwerfe und einsetze, oder doch wieder auf das Schulbuch zurückgreife. Schließlich erreiche ich so nur einen Teil der Klasse (z. B. in arbeitsteiliger Gruppenarbeit).

Fazit: Ich werde wohl auch im kommenden Schuljahr auf Schulbücher setzen und den Unterricht mit Internetquellen lediglich unterstützen bzw. differenzieren. Dennoch werde ich an ausgesuchten Stellen OER generieren und einsetzen. Zum Beispiel könnte ich bei Moodle die Arbeitsaufträge, Links etc. nicht "direkt" in dem Lernmanagementsystem eintragen, sondern ein Google-Dokument erstellen, das ich dann sowohl in den Kursverlauf innerhalb von Moodle einbinden, als auch über das Internet mit Kollegen teilen kann.
Ferner werde ich für eine zunehmende Ausstattung der Schüler werben, um den Einsatz digitaler Medien im Unterricht insgesamt voranzubringen (siehe Hinderungsgrund Nr. 4).

Bildnachweis:
Remix des Logos von Jonathas Mello 

2 Kommentare:

  1. Ich schließe mich jetzt einfach mal vollumfänglich an (oder wie man hier ab einer gewissen Stellung - Schulamt aufwärts - sagt: da gehe ich voll d'accord). So reizvoll ich den Gedanken von OER finde, so selten gelingt es mir in der Praxis OER-Material zu erstellen. Ergänzend zu deinen Punkten kommt noch Nr. 5 hinzu: Faulheit.
    Immer, wenn ich für ein hübsches Arbeitsblatt o.ä. mehr als 10 Minuten im Netz herumgeirrt bin auf der Suche nach einem CC-konformen Bildchen, schnappt der innere Schweinehund zu und lässt mich das erstbeste der Google-Bildersuche nehmen, wohlwissend, dass bei schulinternem Gebrauch der Richter (und sein Henker) ziemlich weit weg sind. Und dann wird's halt nur im Lehrerzimmer veröffentlicht...

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  2. Interessante Selbstbeoabachtung. Leider ist es noch nicht so einfach, auf die Schnelle #OER taugliche Materialien, etwa CC lizenzierte Grafiken oder Bilder zu finden.
    Was die Ausrichtung von selbsterstellten Materialien auf Lehrwerke angeht, so habe ich selbst in dem Moment aufgehört, Materialien zu eng auf Lehrwerke zuzuschneiden, als mir klar wurde, dass sie hinfällig werden, sobald das Lehrwerk gewechselt wird.

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